Jeder Priester-Spieler da draußen kann es bestätigen: Es ist für einen Priester im LARP seine Kräfte zu verlieren. Das passiert so alle zwei Jahre mal auf einem Con (kommt natürlich darauf an, auf wieviel Cons man im Jahr fährt, wie gespielt wird etc. Wie immer gilt hier aber: Verallgemeinerung der Weg zum Ziel ist).

In diesem Post möchte ich mal darüber nachdenken, ob dieses Troph Sinn macht. Ich glaube hier gibt es mehrere Punkte, die betrachtet werden müssen:

  • Aus Sicht des Regelwerks
  • Aus Sicht der internen Logik der LARP-Welt

Aus Sicht des Regelwerks

Hier scheint die Antwort auf die Frage zunächst offensichtlich zu sein: Den Priestern ihre Magie pauschal weg zu nehmen macht ungefähr soviel Sinn, wie den Kämpfern ihre Waffen und Rüstungen weg zu nehmen. Was ist die Aufgabe des Regelwerks? Es legt fest, welche Werkzeuge die Spieler haben um mit dem Plot zu interagieren. Ist es nun eine gute Idee einer bestimmten Gruppe von Spielern basieren auf ihrer “Charakter-Klasse” (die nicht jedes Regelwerk kennt) eben genau diese Werkzeuge weg zu nehmen?

Leider ist es in der Prazis wohl nicht so einfach. Die Werkzeuge wollen wir an dieser Stelle mal in zwei Gruppen teilen:

  • phyische Fähigkeiten
  • meta-physische Fähigkeiten

Physische Fähigkeiten umschließen hierbei die Fähigkeiten, die angelehnt sind an Dinge, die in der normalen Welt möglich sind:

  • Mit dem Schwert zuschlagen
  • Wunden verbinden
  • Schlößer knacken

Meta-physische Fähigkeiten ist in der Regel nur ein netter Begriff für Magic. Und genau hier fängt das eigentliche Problem an: Mit Magie ist alles möglich.

Das führt uns direkt zu einem Problem, dass im LARP schon immer (oder zumindest die 10+ Jahre die ich es schon mache) beobachten kann: Die Priester und Magier kümmern sich um den Plot, während der Rest häufig dazu verdammt ist, sich mit den in Wellen angreifenden NPCs zu beschäftigen (entweder um sie zu verkloppen oder um die verletzten Spieler zu heilen). Man könnte also wahrscheinlich einen Case dafür machen, dass es auch mal ganz gut ist, die Magier/Priester auch mal aus dem Spiel zu nehmen, damit auch mal andere im Mittelpunkt stehen können.

Begünstigt wird das ganze wohl auch, dass manche Regelwerke klar Priester und Magier gegenüber Kämpfer begünstigen (ja ich meine dich Thats Live X): Priester und Magier skalieren häufig nahezu linear mit ihren Contagen, während Kämpfer kaum stärker werden (sie besitzen häufig relativ schnell aller interessanten Fähigkeiten). Umgekehrt können sie aber mit relativ wenigen Contagen bereits relativ gut sein: Während sich Priester und Magier mit wenigen Contagen häufig ihre klammen Magiepunkte gut einteilen müssen, kann ein Kämpfer mit 0 Contagen in einer Platte bereits ein gefährlicher Gegner sein.

Die Frage ist hier aber auch nicht, welche Charakter-Klassen sind stärker abhängig von der Anzahl der Contage und wer bekommt wieviel vom Plot. Diese Fragen führen doch am eigentlichen Problem vorbei. Warum werden Plots heute noch in einer Weise geschrieben, das wesentliche Bestandteile des Plots auf Telling beruhen (den nichts anderes ist das ganze magische Untersuchen)? Warum hat sich nie jemand die Mühe gemacht, die Regelwerke so anzupassen, das auch Kämpfer von ihren Contagen profitieren können.

Hätten wir wirklich faire Regelwerke (für Magier und Kämpfer) und Plots, die für alle gleichermaßen zugänglich sind (oder zumindestens für jeden seine Nische hätten) währ die Antwort wie eingangs gesagt klar. In der Realiät befinden wir uns aber wohl in einer Grauzone.

Aus Sicht der internen Logik der LARP-Welt

Wie aber funktioniert dieser Kraftverlust in der Welt und was bedeutet es für die Charktere? Hier gestaltet sich die Antwort noch schwieriger. Das Problem ist, das die LARP-Welte(n) ja nicht sowas wie einen gemeinsamen Schöpfungs- oder Religionshintergrund haben. Die meisten Gruppe die ihr eigenes Land/Hintergrund erdenken, erfinden auch gleich ihrer eigene Religion und ihren eigenen Schöpfungsmythos. Das stellt uns jetzt vor das Problem, dass nur sehr wenige allgemeingültige Aussagen möglich sind.

Zum einen haben wir den Charakter des Priesters selbst. Typischerweise wird er ja eine Erklärung haben, wo seine besonderen Kräfte herkommen. Klasischerweise wird er sie als Geschenk und Gunstbeweis welcher Gottheit er auch immer dient betrachten. Das heist aber auch, dass wenn sie auf einmal weg sind, dann kann das eigentlich nur bedeuten, dass sein Gott ihn abstraffen will. Im allgemeinen wird er ja nicht einfach akzeptieren, dass sein Gott nicht die Möglichkeit hat ihm zu helfen, sondern das sie sich aktiv dagegen entschieden hat. Das Problem ist jetzt aber, dass es die Handlung, für die er abgestrafft wird ja gar nicht gab. Er hat seine Kräfte ja verloren, weil es halt im Plot stand.

Was soll er also jetzt tuen? Nach einer Verfehlung suchen? Sich mit Selbstzweifeln rumschlagen? Kann er alles machen und hin und wieder mag das sogar Spiel bringen aber wenn das häufiger passiert, macht das auch keinen Sinn. Er wird ja im Laufe des Plots wahrscheinlich herausfinden, dass es nicht sein Gott war, der ihn strafen wollte, sondern äußere Einflüsse aus dem Plot waren, die ihm die Kräfte genommen haben. Er wird also beim nächsten mal auch glauben, dass es wieder etwas in der Art ist. Also kein Grund zu Selbstzweifeln. Lass uns lieber den dunklen Gott/Dämon/Schwarzmagier finden, der diesmal Schuld ist.

Wir haben also, gerade bei älteren Charakteren, die schon öffter vor dem Problem standen, dass sie ihre Kräfte verloren haben, Spieler die sich im wesentlichen dem Plot widmen, um ihre Kräfte wieder zu erhalten. Spiel wird also in vielen Fällen nicht wirklich entstehen.

Die andere Gruppe die die wir betrachten sollten ist, sind die anderen Gläubigen, die um unseren Priester herum existieren. Wie sollen sie darauf reagieren, wenn ihr gemeinsamer Gott auf einmal offenbar entschieden hat, nicht mehr ihren Priester helfen zu wollen? Hier könnte man natürlich auch sagen, dass sie ihren Priester vielleicht auch mal fragen sollten, was er den getan hat um ihren Gott zu verärgern.

Natürlich kann kann der Priester InTime auch verschweigen, das seine Gebete halt keine Wirkung mehr haben. Seine Gläubigen werden ja nur direkte Wirkungen erleben, wenn die Zauber direkt auf sie wirken. Soweit ich es sehe währe es vor allem Heilung die hier auffällt. Und bei der kann man immer die Schuld dem Ziel der Heilung zuschieben: Mein Gott wird schon wissen, warum er dich nicht heilen möchte… Bei allen anderen Zaubern kann er wahrscheinlich immer mit eine Erklärung finden, warum es halt nicht funktioniert. Der Fluch war halt zu stark um gebrochen zu werden. Die Untoten waren halt zu mächtig um von ihm in die Flucht geschlagen zu werden.

Was dies aber immer beschränkt ist, dass der Kräfteverlust der Priester ja meist im Plot des Cons begraben liegt. D.h. es wird immer früher oder später im Lager bekannt werden, dass es da was gibt (außer man startet eine Verschwörung um teile des Plots geheim zu halten). Und das wirft dann die Fragen auf. Die meisten guten Spieler-Religionen werden auch irgendwo erlichkeit erwarten. D.h. mittel- und langfristig wird es wohl backfiren, wenn man als Priester seine Kräfte verliert und es seinen Mitspielern verheimlicht.

Fazit

OK was machen wir jetzt daraus? Ich glaube, dass wir das ganze alle Priester verlieren ihre Kräfte Zeug auch in Zukunft von Zeit zu Zeit sehen werden. Es währe aber halt wünschenswert, wenn dies nur in Ausnahmefällen passiert und wenn es der Plot tatsächlich erfordert. Es ist definitiv nichts, dass passieren sollte, weil die SL gerade eine Idee hat. Auf der Regelseite halte ich es für einen Eingriff, der gut überlegt seien sollte, weil man hier einem Spieler halt wirklich ein schwerer Eingriff in seine Möglichkeiten auf dem Con zu spielen.

InTime sollte es für den Priester wahrscheinlich ein traumatisches Erlebnis sein. Das kann aber nicht erreicht werden, wenn es ohne triftigen Grund passiert und auch mal pauschal für alle gilt. Seine Kräfte zu verlieren währe woll wirksamer, wenn es wirklich nur für persönliche Plots genutzt wird, um einem Priester-Spieler, der sich nicht so verhält wie es seine Religion verlangt (und damit sollte es auch den SLs des Religionshintergunds des Spielers vorbehalten sein).

Es sollte meiner Meinung nach vor allem nicht genutz werden, um die eigenen Landes-Götter gegenüber den Religionen der Spieler hervorzuheben. Hier gilt nur die Landesreligion. Alles anders funktioniert nicht. Du kannst ja zu Xylubus konvertieren… Das ist einfach Bullshit! Priester sollten selten bis gar nicht ihre Religion wechseln. Und sie sollten auch nicht so beliebig sein, dass sie dann halt mal kurzzeitig zu Göttern eines anderen Pantheon beten.